Prunksitzung des GV „Frohsinn Rot” 2017

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„Die beste Prunksitzung der ganzen Welt“ kündigte der „einzig wahre (Sitzungs) PräsidentMichael Back gleich zu Beginn vollmundig an, „Helau gibt es heute per Dekret!“ Tatsächlich folgte der Ankündigung ein kurzweiliger, von den verschiedenen Gruppen des Gesangvereins Frohsinn Rot gestalteter Abend mit einem kunterbunten Programm aus Musik, Tanz und Witz, der bei einem sehr begeisterungsfähigen Publikum auf große Resonanz stieß.

Eine ganze Ladung Schlager hatte der Fanfarenzug Wiesenbach mit im Gepäck. Zu Nenas „99 Luftballons“ oder dem „Traum von Amsterdam“ marschierte die Truppe auf der Harresbühne auf und trommelte die Gäste von den Stühlen.

Svenja Thome und Mona Vetter hatten die Mädchen der Juniorengarde im Alter von 9 bis 14 Jahren. bestens vorbereitet, sodass die Beine der Nachwuchstänzerinnen zu einem Abba-Medley nur so durch die Luft flogen. Noch ein wenig unbeholfener, dafür aber mit mindestens genauso viel Charme, präsentierte wenig später die Minigarde, also die ganz kleinen Tänzerinnen im Alter von 6 bis 10 Jahren, ihr Können. Um den Nachwuchs müssen sich die Trainerinnen dieser Formation, Anna Kasamasch und Ramona Thome jedenfalls keine Gedanken machen – das Publikum ließ sie nur nach einer Zugabe wieder gehen.

Von den desaströsen Wendungen, die eine Flugreise so nehmen kann, wusste Günter Gottschall „in der Bütt“ zu berichten – frei nach seinem Motto: „Egal was kommt, ich nehm’s mit Humor!“ Wenn er davon berichtet, wie der Pilot „Vollgas auf die Drüsen“ gegeben hat, dann kitzelt es auch in den Tränendrüsen. Aus der Nachbargemeinde Malsch steuerte Nachwuchsredner Fabian Koch einen weiteren wortgewaltigen Beitrag bei. Getreu seiner Losung „jetzt muss die Jugend an die Macht“ berichtete er humorvoll über gesellschaftliche Missstände aus Sicht und in der Sprache eines Jugendlichen. Mit Berichten von Besuchen im „Zappelbunker“ oder „Sahneschnitten mit Assistickern“ gab er zugleich noch einen Sprachkurs mit Absurditäten des Jugendslangs.

Dass die aktuelle Weltpolitik den Kabarettisten und Büttenrednern ein Eldorado an Steilvorlagen bietet, wusste der Mönch vom Orden des offenen Krugs (alias Marius Sandritter) gekonnt auszunutzen: Von den Brexit-Briten über den „Horrorclown“ im Weißen Haus bis hin zu Terroristen und Reichsbürgern kanzelte er rundweg alles ab, was nicht sofort in den Beichtstuhl sprang. Auch der Lokalkolorit kam mit Spitzen gegen die Nachbarn aus St. Leon im Rahmen der „Roter Selbstbeweihräucherung“ nicht zu kurz.

Nach der Pause waren es wieder eine Kapelle, die schnell närrische Stimmung im Publikum verbreitete. Mit viel Blech und Trommelwirbel intonierte das Fanfarencorps Rauenberg unter der Leitung von Hans-Peter Menges etwa Klassiker von Udo Jürgens.

Einen „ganz normalen Stammtisch“ stellte der Sitzungspräsident in Aussicht: „So geht’s bei de Jungsänger jedi Woch nach de Singstund zu.“ Es folgte ein Schlagabtausch zwischen Stefan Linder, Benjamin Heinzmann, Benjamin Speckert, Pascal Thome, Dieter Stegmüller und Rouven Dittmann um die „Spaßhoheit“ am Stammtisch. Die Eskapaden aus dem Alltag der bierseligen Runde sorgten für viele „Uiuiuis“ im Publikum.

Einen ersten Showtanz zu aktuellen Poptiteln etwa von Lady Gaga brachte anschließend die Juniorengarde unter der Leitung von Svenja Thome und Mona Vetter auf die Bühne.

Dass nicht nur die Akteure des Gesangvereins, sondern auch das Publikum sich für Musik begeistern lässt, zeigte sich beim Auftritt des Frauenchores unter der Leitung von Gerhard Schramm. Bei der musikalischen Busreise durch die ganze Welt ließen sich die Sängerinnen angeführt von Reiseleiterin Jana Hofmann für jedes denkbare Reiseziel eine passende Melodie einfallen, Evergreens, in die der Saal sofort einstimmte, bis sich schließlich doch der Heimatort als bestes Reiseziel durchsetzte und der Chor singend feststellen dufte: „Ischs heit so schee!“

Die „Seniorengarde“ des Frohsinns – trainiert von Anne Rosenbauer – präsentierte neben einem „klassischen“ Gardetanz zur Musik der Band Santiano einen Showtanz, der einen starken Kontrapunkt zu den sonst üblichen Gardedarbietungen setzte. Orientiert an dem Genre der Bollywood-Tanzmusik hatte Selina Thome eine Choreographie zu Klängen aus dem indischen Kulturraum zusammengestellt, bei der vor allem die Präzision und Koordination der Tänzerinnen gefragt war: Das synchrone Zusammenspiel der vielen Hände hinterließ den Eindruck einer indischen Gottheit mit vielen Händen – als wäre Shiva selbst auf der Bühne.

Michael Thome stellte sein Unterhaltungstalent erst alleine mit „Rot sind die Rosen“ und dann im mit viel Leidenschaft vorgetragenen Duett gemeinsam mit Johanna Göft „Warum hast du nicht nein gesagt?“ unter Beweis – auch hier forderte das Publikum wie so oft an diesem Abend lautstark eine Zugabe.  

Die tänzerischen Leistungen des Publikumslieblings „Männerballett“ können sich durchaus sehen lassen. Während auf anderen Karnevalssitzungen diese Gruppen mehr eine voller Selbstironie triefende Parodie auf den Gardetanz darstellen, sieht man der Vorführung der Frohsinn-Truppe unter der Leitung von Anne Rosenbauer und Tina Heinzmann durchaus das dahinterstehende Training an. Natürlich geht es trotzdem nicht bierernst zur Sache, etwa wenn die jungen Männer in ihren Krachledernen zum „Volksrock“ à la Andreas Gabalier ihre Schuhplattlerkünste auspacken.

Diesem „Gipfelsturm“ des Abends folgte schließlich nur noch das große Finale aller Beteiligten mit einer „Schunkelrunde“, bei der Özer Dogan am Keyboard zum letzten Mal alle Register zog, um das Publikum aus der Reserve zu locken – aber viel Mühe brauchte er sich angesichts der guten Stimmung dafür nicht mehr geben.

 

Tobias Rehorst
Mit freundlicher Genehmigung aus der Rhein-Neckar-Zeitung entnommen.
Fotos: Frau Hecker-Petrova